14.10.2024

Regionaler Abschluss des EU-geförderten Projekts zur Holocaust-Forschung

Am 26. September 2024 wurde am IGdJ der Abschluss der Recherchen zur „Digitalen Gedenk- und Forschungsinfrastruktur – Der Holocaust in Ungarn 80 Jahre später“ (HUNGMEM) mit einem Veranstaltungstag markiert. Das von der EU-Kommission geförderte Projekt, das von Dr. Kim Wünschmann und Dr. Anna Menny geleitet wird, hat sich zum Ziel gesetzt, in einem transnationalen Verbund möglichst viele Namen und Geschichten der etwa 500.000–600.000 Jüdinnen und Juden sowie Roma und Romnja, die aus dem damaligen Ungarn von den Nationalsozialisten und ihren ungarischen Verbündeten deportiert und ermordet wurden, zu recherchieren und in einer digitalen Gedenk- und Forschungsinfrastruktur auffindbar zu machen.
Ein Workshop im IGdJ und ein anschließendes Podiumsgespräch im KörberForum bei der Körber-Stiftung Hamburg boten Gelegenheit, die Forschungsergebnisse zu diskutieren, über Perspektiven und Potenziale nachzudenken und das Projekt in den allgemeineren Themenkomplex von Gedenken und Wissen um die Vergangenheit einzuordnen.

Der von Anna Menny und Kim Wünschmann organisierte Workshop brachte Projektbeteiligte, kooperierende Institutionen, Interessierte und Nachfahren von aus Ungarn nach Norddeutschland deportierten Personen zusammen. Dabei war es Ziel des Workshops, die Makro- und die Mikrogeschichte ebenso wie Fragen von Forschung und Erinnerung miteinander zu verknüpfen. Das Programm umfasste eine Einführung in den historischen Kontext der Deportationen aus dem damaligen Ungarn durch László Csősz vom Ungarisch-Jüdischen Museum und Archiv in Budapest. Ebenso sprach Victoria Toth aus Budapest über die Geschichte ihres Großvaters Gyula Fürst, der im Konzentrationslager Bergen-Belsen inhaftiert war, über die Auswirkungen der NS-Gewalt auf die nachfolgenden Generationen in ihrer eigenen Familie.

Im zweiten Panel präsentierten Louis Wörner und Lara Meinert Ergebnisse und Herausforderungen ihrer Recherchen. In ihren abschließenden Kommentaren verwiesen Christian Römmer (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) und Bernd Horstmann (Gedenkstätte Bergen-Belsen) auf das Potenzial und die Perspektiven, die das Zusammenführen der biografischen Daten der KZ-Häftlinge bietet.

Die für das Projekt sehr virulenten Fragen von Wissen und Unwissen über den Holocaust sowie nach einem wissenschaftlich adäquaten Umgang mit Unschärfen und Lücken in unserem Wissen über die Vergangenheit konnten durch das gemeinsam mit der Körber-Stiftung organisierten Podiumsgespräch „Alles bekannt? Vom Wissen über den Holocaust“ in einen größeren Kontext eingeordnet und vertieft werden. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung, in denen Lena Langesiepen (Körber-Stiftung) und Anna Menny (IGdJ) die Relevanz dieses Aspekts der Holocaust-Forschung für die Hamburger Lokalgeschichte und Gegenwart unterstrichen, sprachen Mirjam Zadoff, Leiterin des NS-Dokumentationszentrums München, und Rabbiner Gábor Lengyel mit der Moderatorin Johanne Bischoff vor knapp 200 Gästen (und zusätzlich über 200 Zuschauenden im Livestream) über die Bedeutung von Geschichte und Erinnerung für die eigene familiäre, aber auch die gesellschaftliche Vergangenheit. Es wurde über Entwicklungen und Dynamiken in Wissenschaft und Forschung angesichts sich verändernder gesellschaftspolitischer Bedingungen diskutiert. 

Der nachhaltigen Verankerung der Projektergebnisse dient darüber hinaus die neue Website, die anhand verschiedener Fallstudien und Karten sowohl die transnationale Dimension der Deportationen als auch die regionale Verschränkung von Zwangsarbeit und Kriegsverlauf in den Blick genommen werden.

 

Zur Projekt-Website: https://ungarn.holocaust-norddeutschland.de

Zur Aufzeichnung der Podiumsveranstaltung: https://koerber-stiftung.de/mediathek/alles-bekannt-vom-wissen-ueber-den-holocaust/