16.10.2025

Dr. Beate Meyer  

Einen Höhepunkt der diesjährigen Arbeit der Stolpersteininitiative stellen die Verlegungen Anfang November in Bergedorf dar, die hier ausführlich dargestellt und kurz in ihrer Bedeutung beleuchtet werden: Am 4. November 2025 um 10:00 Uhr werden in der Kurt-A.-Körber-Chaussee 9, Hamburg-Bergedorf, 56 Stolpersteinen und Gedenktafeln für die Kinder von polnischen Zwangsarbeiterinnen gesetzt. 

Wie kam es dazu? Wenn Sie sich erinnern: 2019 publizierte Margot Löhr ihren Doppelband mit dem Titel „Die vergessenen Kinder von Zwangsarbeiterinnen in Hamburg. Ermordet durch Vernachlässigung und Unterernährung. Ein Gedenkbuch“. In akribischer Recherche hatte sie die Namen von 418 Kindern, deren kurzes Leben und – wenn möglich – auch weiteres über das Schicksal ihrer Mütter (und Väter) zusammengetragen. Zwei Jahre später erhielt sie für die selbstgestellte Mammutaufgabe das Bundesverdienstkreuz und wurde auch in Polen mehrfach ausgezeichnet. 

Wie immer ging es im nächsten Schritt darum, die Forschungsergebnisse generell in Hamburg und insbesondere überall dort zu verbreiten, wo sich die Lager befanden, in denen die Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder untergebracht waren. Weiter ging (und geht!) es darum, Paten für die Verlegung von Stolpersteinen für diese Kinder zu gewinnen. Dies gelang jetzt in besonderer Weise in Bergedorf. Auf Einladung der dortigen AG Gedenken (https://ag-gedenken-bergedorf.de/9-eröffnungsveranstaltung-stolpersteine-und-erinnerungstafeln-für-die-kinder-der-bergedorfer-zwangsarbeiterinnen) hielt Margot Loehr zunächst einen Vortrag, , es folgte eine Lesung von den 75 Namen der in Bergedorf und angrenzenden Gebieten ermordeten Kinder. Dadurch wurden Spenderinnen und Spender gefunden, was die örtliche Presse durch ihre Berichterstattung noch einmal verstärkte. Hinzu kam erfreulicherweise, dass sich auch die Körber AG und deren Stiftung an der Spendenaktion beteiligten. So können nun nicht nur Stolpersteine verlegt, sondern dazu auch Tafeln aufgestellt werden, die in die Obhut des Bergedorfer Geschichtskontors übergehen werden. Eine weitere Tafel soll nächstes Jahr, eventuell anlässlich des Kriegsendes am 8. Mai eingeweiht werden.

Schon an vorangegangenen Stolpersteinverlegungen hatten die konsularischen Vertreterinnen und Vertreter der Heimatländer der Zwangsarbeiterinnen teilgenommen. Dies wird auch in Bergedorf der Fall sein, wo Marzena Szczypułkowska-Horvath, Generalkonsulat der Republik Polen sprechen wird. (Die Mütter der ermordeten Kinder, für die jetzt Stolpersteine verlegt werden, waren ausschließlich polnischer Herkunft). Ebenso reisen Angehörige an, um an der Einweihung teilzunehmen, ein Vertreter des Museums der Polnischen Kinder in Lódź spricht ein Grußwort und Schülerinnen und Schüler verlesen die Namen der Kinder. 

Mit dieser und den weiteren in Bergedorf geplanten Aktionen werden nicht einfach nur Stolpersteine verlegt, sondern hier hat die Forschung zu den Stolpersteinen einem nur wenig beachteten Kapitel in der NS-Geschichte Schritt für Schritt wieder zu aktueller Geltung verholfen, sie hat weitere Menschen zusammengebracht, die sich für dieses Gedenken einsetzen, auch Schülerinnen und Schüler beteiligt, und es sind Brücken zu Angehörigen und Herkunftsländern gebaut worden – all dies Ergebnis der jahrelangen ehrenamtlichen Arbeit! 

„Daneben“ wurde in den letzten Monaten die sonstige Arbeit geleistet, neue Informationen aus der Literatur oder den Archiven in bereits eingestellte Biografien eingefügt, englische Übersetzungen hergestellt und neue Texte eingestellt, so dass inzwischen zu ca. 7.300 Stolpersteinen (noch ohne die neuen Bergedorfer Steine) bei mehr als 5.100 Personen Biografien verlinkt sind. Auch in den kommenden Wochen mit den vielen Gedenktagen werden die Aktiven der Stolpersteininitiative die Ergebnisse ihrer Arbeit wieder in Veranstaltungen, Rundgänge oder Gottesdienste einbringen. 

 

Foto: 5 der ersten 9 in Bergedorf verlegten Stolpersteine für die Kinder von Zwangsarbeiterinnen, Quelle: Margot Loehr